Great Ocean Road-Lorne, Teddy´s Lookout, St. George River Estuary Watch
Melbourne-National Gallery of Victoria, Andy Warhol Selbstporträt
Am Morgen meiner Abreise aus Phillip Island funktionierte plötzlich das Internet meines Motels nicht mehr. Auch das eigene mobile Internet konnte keine Verbindung aufbauen. Ich war alarmiert, da meine gesamte Reise darauf basierte.
Wie immer verabschiedete ich mich mit Wehmut, wenn ich länger an einem Ort geblieben war, wo es mir gefallen hatte. Die Route nach Melbourne war mir bekannt, und die Rückreise verlief ohne besondere Vorkommnisse. Ich checkte im gleichen Zimmer in meinem alten Motel ein, packte aus und eilte sofort ins Shopping Center von
Box Hill. Es galt zu klären, was mit meinem Internet-Stick los war. Im
Telstra-Shop erklärte man mir dann, dass mein Bonus, obwohl noch vorhanden, durch Zeitablauf gestrichen worden war. Das war wieder eine dieser widerlichen Geschäftspraktiken der Mobilfunknetzbetreiber, ganz ähnlich wie in Österreich auch. Ich war sehr böse, doch im Shop konnte man mir nicht weiterhelfen. Man bot mir an, eine Telefonverbindung zur Service-Line von Telstra, dem Anbieter, herzustellen. Das nahm ich an und erklärte einer Dame in der Leitung meine Situation und meinen Unmut. Nach einem längeren mühseligen Gespräch einigten wir uns darauf, dass ich für ein weiteres Monat ein Gigabyte Download-Kapazität gutgeschrieben bekam. Das war mehr als in
Ordnung, denn ich war sowohl beim mobilen Internet als auch beim Mobiltelefon Kunde dieser Gesellschaft. Die Sache war zwar damit erledigt, doch es hatte mich viel Kraft, Nerven und Zeit gekostet. Es ist schon in Österreich nicht einfach, solche unangenehmen Vorkommnisse zu regeln, geschweige erst im Ausland in einer fremden Sprache.
Mit dem Zug fuhr ich zur Flinders Street Station und besuchte nochmals die
National Gallery of Victoria. Beim letzten Mal war die Zeit bis zum Schließen des Museums knapp geworden, was sich leider diesmal bedingt durch die Kalamitäten im Telstra-Shop ähnlich ergab. Immerhin blieb mir eine Stunde, um insbesondere die
European Collection anzusehen. In Erinnerung blieben mir Meisterwerke von
Perino del Vaga, einem Schüler Michelangeos und Raphaels, ein Werk vom französischen Maler
Edouard Manet und ein Selbstporträt von
Andy Warhol. Wie befürchtet wurde ich inmitten meines Besuchs auf die Schließzeit des Museums hingewiesen und musste das Haus verlassen.
Die schmale gepflasterte
Hosier Lane liegt sehr zentral direkt gegenüber dem Federation Square und ist Melbournes bekannteste Leinwand für
Street Art. Fast hätte ich dieses kleine Juwel übersehen, aber ein Internet-Führer hatte mich noch rechtzeitig darauf hingewiesen, und das zu Recht. Alle Wände der dunklen engen Gasse sind besprüht mit bunten Graffitis. Die Farbe der Künstler macht selbst vor den Müllcontainern nicht Halt. Kein Wunder, dass die Hosier Lane ein sehr beliebtes Fotomotiv ist, nicht nur für Touristen, sondern auch für Hochzeits- und Mode-Fotoshootings. Sie ist allerdings nur ein kleiner, wenn auch der bekannteste, Teil der Street Art Kultur in Melbourne. In der ganzen Stadt lassen sich Graffitis und Kunstwerke an den Mauern entdecken. In der Lane gibt es zwei bekannte Bars, die in Melbourne sehr beliebt sind, wovon ich mich bei meinem Besuch persönlich überzeugen konnte. Ich durchstreifte die engen Gassen und war begeistert von der Farbenpracht und Kreativität der Outdoor-Kunst. Würde man sich die Farbenspiele wegdenken, dann bliebe nicht viel über von der gepflasterten engen dunklen Gasse.
Melbourne-Queen Victoria Market
Mein definitiv letzter Tag in Melbourne war angebrochen. Bei meiner
Autovermietungsfirma verlängerte ich meinen Leihwagen um weitere drei Wochen, da sich mein Reiseverlauf signifikant langsamer als ursprünglich angenommen gestaltete. Die Servicequalität der Niederlassung in Melbourne war katastrophal. Die leidlich interessierte Mitarbeiterin wollte und konnte nichts entscheiden und verhielt sich ausgesprochen unfreundlich. Wäre ich ihr Chef gewesen, hätte diese Person keinen Tag länger in meinem Unternehmen Arbeit gehabt. Wir mussten Sydney anrufen, um alle mir wichtigen Punkte abzuklären. Und auch das Telefonat hätte ich mit meinem Mobiltelefon tätigen sollen. Das ging aber zu weit, und schließlich wählte sie die Nummer mit einem ihrer Portable-Telefone. Sydney wollte mir zunächst nicht wie gewünscht entgegenkommen, worauf ich mich bitter beschwerte. Immerhin hatte ich das Auto schon mehr als zwei Monate gemietet. Später meldete sich eine freundliche Dame zurück und machte mir ein Angebot, mit dem ich gut leben konnte. Jedenfalls war ich sehr froh, als ich das Büro mit der desaströsen Stimmung wieder verlassen konnte. Die Sache war geritzt.
Melbourne-Queen Victoria Market, Donut-Wagen
Von der
Elizabeth Street, wo sich die Niederlassung des Autovermieters befand, bis zum
Queen Victoria Market war es nur ein kurzer Spaziergang. Obwohl ich schon dutzende Märkte gesehen hatte, wollte ich mir diese Melbourner Institution nicht entgehen lassen. Bisher war mein Besuch an Zeitmangel oder Nichtöffnung gescheitert. Der Markt ist der perfekte Ort zum Bummeln und Einkaufen. Die Händler kommen seit den 1850er Jahren auf diesen Markt, um ihre Waren zu präsentieren. Er ist auch der einzige Markt aus dem 19. Jahrhundert, der im CBD übrig geblieben ist, da zwei weitere Märkte in den 1960er Jahren geschlossen worden waren. Mehr als 600 Händler bieten auf über sieben Hektar Fläche so ziemlich alles an, was man sich vorstellen kann oder auch nicht. Obst und Gemüse, Fleisch, Wurst und Fisch, Wein, Süßigkeiten und sonstige Lebensmittel, Kleidung und Mode, Schuhe und Lederwaren, Souvenirs, Perücken, Kunsthandwerk u.v.m. Für Fleisch- und Fischprodukte gibt es eine eigene Halle und die riesigen Dächer der Marktstände sind mit Solarzellen bestückt. Direkt an den Markt angeschlossen sind einige Gourmetstände und kleine Restaurants. Eine Besonderheit ist der
Donut-Wagen, der in einer kleinen Gasse zwischen den Ständen parkt, und zur lokalen Berühmtheit aufgestiegen ist.
Melbourne-Am Ausgang des Queen Victoria Market
Der Markt schaffte es, ungefähr eine Stunde meiner Zeit in Anspruch zu nehmen. Für mich waren nicht nur die feilgebotenen Waren, sondern auch die Menschen sehr interessant. Gerne beobachtete ich im Trubel des Treibens das Verhalten der Leute. Hier war es besonders sehenswert, da sich viele unterschiedliche Nationalitäten begegneten. Beim Obststand kaufte ich mir Weintrauben, die gerade Saison in Australien hatten. Es gab auch einige Delikatessenläden, die ihre Produkte sehr schmackhaft zur Schau gestellt hatten. Immer wieder fielen mir besonders bei den Feinschmeckerläden europäische Angebote auf. Natürlich war auch viel Ramsch und Kitsch zu sehen, aber vergleichsweise weniger als bei anderen Märkten dieser Art. Die Stimmung gefiel mir, und ich war glücklich, dass ich den Besuch auf den letzten Drücker noch geschafft hatte.
Am Hinweg hatte ich mir einen
Friseur ausgesucht, dessen Besuch ich als letzten offiziellen Programmpunkt in Melbourne noch auf meiner Liste stehen hatte. Auch dort ging alles gut, und die Dame verschnitt mich nicht. Danach spazierte ich ein allerletztes Mal über die Bourke Street und in der sehenswerten
The Block Arcade, einer
Melbourne-The Block Arcade im CBD
luxuriösen Einkaufspassage in einem Arkadenhof, durch den Central Business District von Melbourne.
Es dauerte eine ganze Weile, bis ich über die diversen Straßen und Highways den Ausgang Melbournes über die West Gate Bridge erreicht hatte. Und obwohl Sonntag war, musste ich mich durch einen Stau quälen, bevor ich auf den
West Gate Freeway auffahren konnte. Mein Ziel, einmal über die West Gate Bridge zu fahren, hatte ich damit aber erreicht. Am Highway ging es zügig dahin, und trotz eher langsamer Reisegeschwindigkeit kam ich bald nach
Geelong.
Mein Reiseziel für diesen Tag war
Apollo Bay an der
Great Ocean Road. Die Great Ocean Road ist eine knapp 250 Kilometer lange Straße entlang der australischen Südküste zwischen
Torquay und
Allansford im Bundesstaat Victoria. Sie gilt als eine der bekanntesten Scenic Routes bei Touristen in Australien und wird jährlich von mehreren Millionen Besuchern angefahren.
Geelong-Riesenrad an der palmengesäumten Waterfront
Geelong liegt am Westufer der Port Phillip Bay südwestlich von Melbourne und stellt gleichermaßen das Eingangstor zur Great Ocean Road dar. Von Geelong nach Torquay sind es nur mehr etwas mehr als zwanzig Kilometer. Neben einer großen Autofabrik von
Ford punktet die mittelgroße Stadt insbesondere mit seinem tollen Stadtteil am Wasser. Vom Informationszentrum wurde mir dann auch empfohlen, einen Blick dorthin zu werfen. Den Wagen parkte ich zunächst an der Einfahrt zum Hafen an der
Frank Moore Reserve und ging zum Wasser. Auf einem Holzsteg spazierte ich hinaus und sah in der einen Richtung einige Schornsteine von Industrieanlagen und in der anderen die feinen Freizeiteinrichtungen an der Hafenbucht. Ich war zu weit entfernt stehen geblieben. Beim zweiten Versuch klappte es besser. Ich parkte direkt am
Cunningham Pier vor dem CBD. Die breite Mole war zweispurig befahrbar, bot Parkplätze und eine Reihe von Lokalitäten an ihrem Ende. Es handelte sich um eine massive Holzpfahl-Konstruktion. Sogar Geleise verliefen auf der Oberfläche. Weiter im Osten der Bucht gab es einen Vergnügungspark mit einem bunten Riesenrad. Am Ufer des Sandstrandes standen große Palmen. Später fuhr ich auf eine Anhöhe und überblickte den wahrlich einladenden Wasserbereich der Stadt. Auf einem ausgedehnten Wasserrundkurs lieferten sich mehrere Speed-Boote mit
Geelong-Interessantes Gebäude an der Waterfront
Wasserskifahrern im Schlepptau ein Rennen. Die Boote fuhren wirklich sehr schnell, von oben sah es einfach aus, doch in der Welle des Vordermanns war das sicher nicht leicht durchzustehen.
Dann verließ ich den Hafenbereich wieder und kurvte durch die Straßen der Stadt. Bei der
St. Mary of The Angels Basilica auf einem Hügel im Süden der Stadt blieb ich stehen. In der Kirche dürfte offenbar gerade eine Taufe stattgefunden haben, wie ich mir in Anbetracht der vielen Kleinkinder dachte. Das Bauwerk selber war ein massiver Steinbau und gehörte zur katholischen Erzdiözese in Melbourne.
Im Zentrum fand ich noch ein monumentales
Post-Office mit einem Turm. Am Rande des CBDs stieß ich auf die
Geelong Art Gallery, die mehr als 4000 Werke beheimatet, aber wegen größerer Umbauarbeiten geschlossen war. Auch der Bahnhof und einige weitere Gebäude konnten meine Aufmerksamkeit erregen. Durch den langen Bummel in Geelong war ich mit der Zeit ordentlich in Verzug geraten. Als ich endlich in Torquay einfuhr, war es fast drei Uhr nachmittags, und hier begannen erst die Highlights meiner Route.
Seit der Surfsport faktisch ein weltumspannender Wirtschaftsfaktor geworden ist, hat sich die Küstenstadt Torquay zur unbestrittenen Hauptstadt der australischen Surfszene entwickelt. Sie liegt in der Nähe des weltberühmten Surfstrandes
Bells Beach und ist die Heimat zweier Kultmarken des Surfsports, nämlich von
Rip Curl und
Quiksilver. Die dominierende Präsenz des Surfsports war nicht zu übersehen. Innerhalb der
Surf City, dem Zentrum für alles, was mit diesem Sport zu tun hat, lagen unzählige Shops, ein Surf World Museum, mehrere Factory Outlets, sowie auch die Warenlager der Produzenten. Für all das hatte ich leider keine Zeit, denn erstens bin ich kein Wellenreiter und zweitens konnte ich zusätzliches Gepäck keinesfalls gebrauchen. Nach einem kurzen Rundgang fuhr ich über die Torquay Beach Road zum
Fishermans Beach. Das war ein netter Strand mit kleinen Wellen. Er schien mir nicht unbedingt zum Surfen geeignet. In der Folge fuhr ich einige Punkte der Küstenlinie von Torquay ab. Als erstes kam ich an
The Esplanade vorbei, einer grünen Strandpromenade mit Bäumen. Der Felsvorsprung des
Point Danger mit seiner Aussichtsplattform trennt die Front Beaches von den Back Beaches in Torquay und ist Standort eines weiteren
Anzac War Memorials. Ein
Bells Beach unweit von Torquay
Stück weiter im Süden liegt der
Surf Beach, der von einer gelbfärbigen Felsformation eingegrenzt wird. Hier herrschte trotz der kühlen Wassertemperaturen Hochbetrieb.
Sieben Kilometer von Torquay entfernt liegt der famose Bells Beach entlang der Great Ocean Road. In der Zwischenzeit war ich bereits mitten drinnen in der einmaligen Kulisse dieses Küstenabschnitts. Die mächtige Dünung mit ihren enormen Brandungswellen am Bells Beach ist Teil der internationalen Surf-Folklore. Hier gab es auch den ultimativen Showdown im Film
„Point Break“ mit Keanu Reeves und Patrick Swayze. Der Strand ist seit dem Jahr 1973 auch der jährliche Austragungsort der
Rip Curl Pro, einem Glanz und Glamour Wettbewerb zur Weltmeisterschaft im Rahmen der ASP World Tour zu Ostern. Der Surfstrand war wirklich beeindruckend. Schon vom Parkplatz sah man auf die unheimliche Weite des Ozeans hinunter, und ich konnte mir vorstellen, dass hier bei geeigneten Bedingungen die Post abging. Das ist etwas für die Besten der Besten, wenn die Waschmaschine des Südpazifiks hereinrollt. Ich war beeindruckt und zufrieden, dass ich diesen Spot ausfindig machen konnte.
Es war 17 Uhr, und ich befand mich mehr als siebzig Kilometer von meinem Ziel Apollo Bay entfernt. Der nächste größere Ort war
Lorne nach etwa dreißig Kilometern. Noch einmal bog ich zu einem Strand ab,
Urquharts Bluff, auch ein kleines Paradies, wo einige Einheimische picknickten. Ich eilte weiter, da mir die Zeit zwischen den Fingern zerrann, doch es gab einfach so viel zu sehen. Kurze Zeit später stieß ich auf das
Great Ocean Road Memorial Arch Denkmal, eine Erinnerungsstätte an den Bau dieser herrlichen Küstenstraße durch zurückgekehrte Soldaten aus Victoria, die im Ersten Weltkrieg gedient hatten.
Die erste Idee einer Straße entlang der Südküste Victorias reicht zurück bis ins Jahr 1864. Diese sollte in erster Linie eine Verbindung der zahlreichen Küstenorte und Fischerhäfen entlang der Wasserlinie auf dem Landweg sein, die bis dahin nur per Schiff zu erreichen waren. Konkrete Planungen und Erkundungen für einen möglichen Verlauf der Strecke begannen aber erst im Jahr 1918. 1919 wurde mit dem Bau der Straße begonnen. Ausgeführt wurden die Arbeiten von 3000 heimgekehrten Soldaten nach dem Ende des Ersten Weltkrieges, um sie wieder leichter in das zivile
Lorne-Erskine Falls, Straw Falls Track
Leben eingliedern zu können. Für diese diente der Bau der Straße zum einen als Arbeitsbeschaffungsmaßnahme durch die Regierung Victorias, zum anderen war es auch die Errichtung eines Kriegsdenkmales zum Gedenken an die im Krieg gefallenen Kameraden. Aufgrund der besonderen geographischen und geologischen Gegebenheiten war der Bau sehr schwierig und langwierig. Schritt für Schritt wurden einzelne Abschnitte fertiggestellt, und schließlich konnte im Jahr 1932 auch der komplizierteste Abschnitt zwischen Apollo Bay und Lorne beendet und für den Verkehr freigegeben werden.
Es war fast 18 Uhr und zu spät, um nach Apollo Bay zu gelangen. Ich beschloss, mich in Lorne nach einem Quartier umzuschauen. Nach einem Flop beim ersten Versuch, landete ich beim zweiten Anlauf einen Volltreffer. An der Rezeption des Motels saß eine eingebürgerte Dame aus Indonesien, und wir hatten sofort eine Basis für einige Gespräche, da ich von Indonesien aus nach Australien eingereist war.
Lorne-Erskine Falls, Lower Falls
Nach dem vollen Programm des Vortags hatte ich lange geschlafen. Später unterhielt ich mich eine Weile mit Rosa, der Indonesierin, die an der Rezeption arbeitete. Sie stammte von der Insel Flores und hatte ihr Land verlassen. Sie war sehr gebildet, weltoffen, und wir verstanden uns gut. Hier lebte sie mit einem Australier, hatte aber ihre erwachsenen Kinder in Indonesien. Doch als nunmehrige Australierin konnte sie auch nur mehr befristet in ihre alte Heimat einreisen. Eigentlich schrecklich, wie Staaten unnötig Grenzen und Barrieren aufbauen. Ich fragte sie nach den im Führer genannten Wasserfällen, und sie empfahl mir, diese zu besuchen.
Somit machte ich mich am frühen Nachmittag auf den Weg zu den
Erskine Falls. Sie liegen ein Stück außerhalb von Lorne im Nordwesten. Die kurvenreiche bergige Straße führte durch dichte Wälder bis zum Eingang der Fälle im
Great Otway National Park. Dieser große Nationalpark erstreckt sich die Küstenlinie entlang über Apollo Bay hinaus nach Südwesten bis zum Cape Otway. Das Wetter war zunächst trübe und feucht, besserte sich aber später. Da der Sommer in Victoria sehr heiß und trocken war, führten alle Flüsse eher wenig Wasser, und auch um die meisten Wasserfälle
Great Ocean Road-Lorne, Ausblick vom Queens Park
war es eher mager bestellt. Die Erskine Falls sind liebliche Wasserfälle auf dreihundert Meter Seehöhe mit einer Fallhöhe von rund dreißig Metern. Es gab einen oberen Aussichtspunkt, von wo aus man nur durch die Bäume verdeckt hinsah, und den unteren, der über rutschige Stufen erreichbar war. Das Gebiet war sehr grün und dicht bewachsen. Gemeinsam mit einer Australierin, die auch Fotos machte, wanderte ich über den
Straw Falls Track den Bachlauf entlang ins Dschungelinnere. Der Pfad war nass, teils schwer begehbar und rutschig. Die Landschaft bestand aus dichtem Regenwald. Zum Schluss erreichten wir eine große Felsplatte, wo auch noch ein kleiner Wasserfall heruntertröpfelte.
Als ich wieder zum Auto kam, schimmerte die Sonne durch die hohen Bäume. Ich verließ die feuchte Klamm und kehrte an die Küste zu
Teddy´s Lookout zurück. Dort lagen zahlreiche Mountainbikes am Weg. Eine Gruppe von einem Begleitwagen betreute Biker rastete hier am großartigen Aussichtspunkt. Ich hatte die Biker schon bei der Auffahrt zum Wasserfall bemerkt. Unten auf Meeresniveau floss der St. Georg River in einer malerischen langsamen Biegung Richtung Meer und formte einen Mündungsarm. Die Kombination Meer,
Great Ocean Road-Lorne, Doug Stirling Walking Track, Sculpture Biennale
Fluss, Great Ocean Road, Brücke, Hügel und Ebene leuchtete im zurückgekehrten Sonnenlicht wohlig in meine Augen. Ich hatte hier keinen so spektakulären Beobachtungspunkt erwartet. Eine Weile streifte ich durch ein paar Pfade beim Lookout und erfreute mich an der schönen Natur. Dann fuhr ich Richtung Lorne zurück und suchte noch weitere Aussichtspunkte. Über eine extrem steile und enge Straße am Küstenabhang kam ich zum
Queens Park, von wo aus sich eine fantastische Sicht auf die ins Meer abfallenden Bergformationen nördlich von Lorne ergab.
Wieder auf Meeresniveau parkte ich den Wagen und schritt den langen
Lorne Pier hinaus. Lorne besitzt einen großen natürlichen Charme, der mir in diesem Moment aufgefallen war. Die Schönheit eines Ortes kann im Grunde nur durch das Fehlverhalten der Menschen getrübt werden. Die Stadt unternahm auch einiges für die Kultur. Am
Doug Stirling Walking Track, einem Wanderweg neben der Küste, fand die
Sculpture Biennale statt. Kreative Bildhauer und Künstler stellten in regelmäßigen Abständen am Weg ihre teils sehr skurrilen Schöpfungen aus und boten sie gleichzeitig zum Kauf an. Die Preise waren geschmalzen, was die Kauflust der Australier aber offenbar nicht schmälerte,
Great Ocean Road-Lorne, Doug Stirling Walking Track, Sculpture Biennale
denn einige Objekte waren bereits vom Tisch. Da gab es einen
Eisbären, der einen Kopfstand praktizierte und artistisch einen Tisch und Stühle mit den Füßen jonglierte. Manche Kreationen schienen mir sehr einfach, waren aber dennoch ein Hingucker, wie die kreisförmig aufgelegten bunten
Schiffstaue mit einem Verlauf ins Wasser. Im Sand mitten am Strand wuchs eine mannshohe
Grünpflanze umgeben von einem Schutznetz aus dem Boden. Das war kurios und wirkte unnatürlich, fiel allerdings auf. Ein
„Spiegel“ aus rostfreiem Stahl stand ebenfalls im Sand und war um 55.000 australische Dollar zu haben. Es handelte sich um einen glänzenden etwa drei Meter hohen Metallring, der in seinem kreisrunden Flächenbereich den Durchblick auf die dahinterliegende Landschaft ermöglichte. Auf der gesamten Länge waren wohl an die zwei Dutzend Objekte ausgestellt, eine interessante Idee.
Am Weg zum Motel spielten einige weiße Kakadus mit Passanten und tanzten ihnen auf den Schultern sowie am Kopf umher. Diese ließen sich bereitwillig von den Tieren umgarnen und nützten die Chance für einmalige Fotoaufnahmen.
Great Ocean Road-Aireys Inlet, Split Point Lighthouse
Aireys Inlet zwischen
Anglesea und Lorne an der Great Ocean Road gelegen bietet neben dem
Split Point Lighthouse, herrliche Strandabschnitte und schöne Aussichtspunkte von den Wanderwegen auf den Klippen. Ein Besuch war sich bei der Anreise nach Lorne nicht mehr ausgegangen. Nach ein wenig Büroarbeit am Vormittag machte ich mich bei bewölktem Wetter gegen Mittag auf den Weg. Zwischen den gelblich schimmernden Klippen und dem Meeresarm wanderte ich im Sand zum Strand. Der Uferbereich war teils felsig und von einzelnen größeren zerklüfteten Felsen gesäumt. Ich nahm mir ein Herz und kletterte auf einen der etwa zehn Meter hohen spitzen Steine hinauf. Die korallenartigen Spitzen waren messerscharf, und es war schwierig das Gleichgewicht zu halten. Vorsichtig stieg ich wieder ab, was bedeutend schwerer als der Aufstieg war. Von oben hatte ich einige Fotoaufnahmen der Umgebung gemacht.
Anschließend wanderte ich vorbei an ein paar Aussichtspunkten auf die Anhöhe über den Klippen zum Leuchtturm. Der im Jahr 1891 erbaute Turm war einer der letzten in einer
Great Ocean Road-Aireys Inlet, Painkalac Creek
Reihe von Sicherheitsmaßnahmen von Victoria zum Schutz der Schifffahrt in der Bass Strait. Er ist 34 Meter hoch und kann in klaren Nächten aus einer Entfernung von etwa 33 Kilometern gesehen werden. Eine Besteigung war wegen Ausbuchung leider nicht möglich.
Niederdruckwettersysteme kombiniert mit Luftrotationen lassen in der Meerenge der Bass Strait starke Winde entstehen, die das Wasser an die Küste drücken und die See enorm anschwellen. Bei solchen Konstellationen ist der
Split Point mit seinem Leuchtturm in der Schusslinie, und das Meeresniveau liegt meterhoch über dem üblichen Level. Bei schweren Regenfällen können die Flüsse unter diesen Bedingungen nicht ins Meer entwässern und es entstehen Überflutungen. Davon war aber während meines Besuchs nichts zu bemerken. Mit dem Auto folgte ich dem Flusslauf des
Painkalac River, der sich zart und ruhig an seine flache Umgebung anschmiegte. Eine Gruppe von Kanufahrern genoss diese wunderbar friedliche Stimmung. Mein Besuch in Aireys Inlet verlief genau nach meinem Geschmack, und ich war froh, nochmals in diese Gegend zurückgefahren zu sein.
Ungefähr 55 Kilometer nordwestlich von Lorne liegt im Landesinneren die ländliche Provinzstadt
Colac. Von Aireys Inlet fuhr ich wieder Richtung Lorne und bog kurz davor in die Berge ab. Kilometerlang ging es durch Wälder bergauf, bis ich eine Art hügelige Hochebene erreicht hatte. In Australien findet der Wechsel von besiedelter Agglomeration zur absoluten Einsamkeit mitunter recht rasch statt. Schon öfters hatte ich mir gedacht, was denn wäre, wenn das Auto plötzlich in so einer Gegend stehen bliebe. In diesem Fall nützt auch das Mobiltelefon nichts, denn in Australien sind weite Gebiete, und das nicht nur im Outback, ohne Empfang. Da kann man dann nur warten und hoffen, dass die Hilfe bei einem vorbeifährt. In einer ähnlichen Gegend befand ich mich, zumindest kam es mir so vor. Bald hatte ich Colac erreicht, schaute kurz beim Visitor Centre vorbei, dessen freundliches Personal sich freute, einen Österreicher in ihrer Heimatstadt begrüßen zu können. Hier drehten sich die Uhren ein wenig langsamer, und die Dinge waren nicht so kommerziell angelegt wie an vielen Hauptrouten der Touristen. Anfangs noch im Zweifel war ich nach meinem Eintreffen sehr glücklich, die lange Anfahrt auf mich genommen zu haben. Ich ging einkaufen (auch hier gab es einen Aldi), fuhr in der Stadt spazieren, was meist
Colac-Lorne Rückfahrt, Hügellandschaft in der Abendsonne
recht einfach war, da fast alle Städte nach dem gleichen Muster im rechtwinkeligen Rastersystem angelegt sind, und parkte mich schließlich beim
Botanischen Garten ein. Neben einer alten Schiffskanone der Marine aus dem Jahr 1867 fand ich im Garten einige interessante Bäume und einen Springbrunnen. Einer der Bäume, ein
Bunya-Bunya-Baum, war in die Liste der bedeutenden Bäume von Victoria aufgenommen worden. Neugierig war ich auf den
Lake Colac, der in meiner Karte eingezeichnet war. Der nicht kleine See dürfte aber zu diesem Zeitpunkt wenig Wasser geführt haben, und enttäuschte mich. Er sah aus wie ein Steppensee, dessen Ufer ausgetrocknet waren. Besonders reizvoll gestaltete sich zu meiner willkommenen Überraschung die Rückfahrt. Es war die Sonne herausgekommen, und ich fuhr mit dem warmen Abendlicht inmitten der goldenen Hügel.
Eine der Attraktionen, die ich an der Great Ocean Road absolut im Visier hatte, war
Cape Otway. Ich hatte in Australien schon einige Kaps und noch mehr Leuchttürme gesehen, doch die Faszination war erhalten geblieben. Die
Cape Otway Lightstation aus dem Jahr 1848 ist das älteste und bedeutendste Leuchthaus in ganz Australien umgeben vom Great Otway National Park mit spektakulären Klippen
Great Ocean Road-Cape Otway Lightstation
und einem tiefblauen Ozean. Das Kap ist nach Wilsons Promontory, wo ich bereits gewesen war, der zweitsüdlichste Punkt des australischen Festlandes und einer der feuchtesten Plätze von Victoria. Die angrenzende Küste ist besonders schön, zerklüftet und extrem gefährlich. Zwischen den Jahren 1830 und 1930 sanken entlang der Küstenlinie von Cape Otway und Port Fairy weiter im Westen mehr als 200 Schiffe, was ihr den wenig schmeichelhaften Beinamen
„Shipwreck Coast“ eingehandelt hatte.
Von der Aussichtsplattform des Turms zeigen sich einmalige Blicke auf die extreme See und die Klippen achtzig Meter über dem Meeresniveau. Zwischen Mai und Oktober ist der Turm auch ein idealer Ort, um Wale zu beobachten. Am Gelände befindet sich eine alte
Telegraph Station aus dem Jahr 1859, die Australiens erstes Unterwasserkabel zwischen Tasmanien und dem Festland beherbergte. Eine kleine Plakette erinnert an das mysteriöse Verschwinden des 20-jährigen Cessna Piloten
Frederick Valentich über der Bass Strait am Flug von Melbourne nach King Island am 21. Oktober 1978. Seine letzten über Funk aufgefangenen Worte waren, dass angeblich ein seltsames Luftfahrzeug über ihm schwebe,
Great Ocean Road-Blick von der Aussichtsplattform der Cape Otway Lightstation
was später verschiedenen UFO-Theorien zum Aufschwung verhalf. Trotz intensivster Suche zu Lande und zu Wasser wurde niemals eine Spur von der Cessna oder von Frederick Valentich gefunden. Das Kap ist auch der Standort einer wichtigen Wetterstation für Australiens meteorologisches Amt, wo das Wetter 24 Stunden am Tag, 365 Tage im Jahr aufgezeichnet wird. Das Haus aus Sandstein des früheren
Head Lightkeepers kann von Familien oder Gruppen angemietet werden.
Eric the Red reiste 1880 von Amerika kommend beladen mit Exponaten für die Melbourne Ausstellung Richtung Melbourne und lief am Otway Riff auf Grund, wobei vier Menschen zu Tode kamen. Sein rostiger Eisenanker steht vor dem Abgang zum Leuchtturm. Im Jahr 1940 sank das US-amerikanische Dampfschiff „City of Rayville“, nachdem es auf eine deutsche Mine vor dem Kap aufgelaufen war. Dies führte zwei Jahre später zum Bau einer
Radar Bunker Station in der Nähe des Turms. Vom
Radar Lookout hat man einen besonders schönen Blick auf das Leuchthaus und den Ozean.
Great Ocean Road-Lorne-Apollo Bay Anreise, Cape Patton
Mein Schlaf dauerte wieder einmal länger, und als ich aufwachte, war es bewölkt doch angenehm warm. Nach ein wenig Arbeit fuhr ich zu Mittag ins Visitor Centre von Lorne und holte mir Informationen über Cape Otway. Die Tickets für den Eintritt auf das Areal des Kaps waren leider ausgegangen, und man empfahl mir, dieses in Apollo Bay von unterwegs aus zu erledigen. Anschließend fuhr ich gemütlich die Ocean Road nach Süden. An der Strecke liegen einige Lookouts, wie der
Mount Defiance Lookout oder
Cape Patton, von wo aus man bei guter Sicht die Küstenlinie entlang blicken kann. Bei schönem Wetter kann man von Cape Patton aus bis nach Aireys Inlet im Nordosten und Apollo Bay im Südwesten sehen. Leider war das während meiner Durchreise nicht möglich. In den Gesteinsschichten der Cape Patton Klippen fand man 106 Millionen Jahre alte Knochen von Dinosauriern.
In Apollo Bay hielt ich kurz an, blickte mich im Ort um, besorgte mir das Ticket für den Leuchtturm und erkundigte mich prophylaktisch nach geeigneten Unterkünften. Ich erhielt eine Liste, ging dann aber intuitiv quer über die Straße in ein freundlich aussehendes Motel, das laut Empfehlung gar nicht in Frage kam, weil zu teuer. Dort traf ich auf eine junge sympathische Frau, die aus Mazedonien stammte,
Great Ocean Road-Cape Otway Lightstation mit dem modernen Lichtsignal
einen Australier geheiratet hatte, und deren Brüder in Neutal im Burgenland ein hochwertiges Restaurant betrieben. Trotz anfänglicher Unterschiede kamen wir schnell auf einen Nenner und ich buchte vorweg einmal zwei Nächte im Voraus. Solche Situationen gefielen mir und glücklicherweise passierten sie immer wieder. Dann wurde es aber Zeit, endlich auf das Kap hinauszufahren, bevor das Leuchthaus zusperrte. Gegen halb vier Uhr nachmittags kam ich an, und mit mir zeigte sich auch die Sonne an der Landspitze.
Ich ging den Heritage Trail entlang und kam an all den interessanten Stationen vorbei. In einer kleinen Blockhütte lief ein Video über die Dinosaurier Erforschung an der
Dinosaurier Cove, einem Strandabschnitt, wo offenbar sensationelle Funde gemacht worden waren. Das war interessant, aber nicht der Hauptzweck meines Aufenthalts. Im Gebäude der Telegraph Station befand sich eine kleine Ausstellung und auch ein alter Telegraph war zu sehen. Auf einem kleinen Hügel stand ein
Fahnenmast mit einigen Wimpeln, dessen Bedeutung Kinder bei einem Gewinnspiel dechiffrieren konnten. Ich traf auf ein paar ältere Australier, die zu Scherzen aufgelegt waren, und ein paar Fotos von mir machten. Mein persönlicher Höhepunkt stand noch bevor, der Aufstieg auf den Leuchtturm.
Im alten Head Lightkeepers House auf Cape Otway kann man heute seine Ferien verbringen
Oben angelangt war ich klarerweise nicht der einzige Besucher. Ein bärtiger alter Mann mit Seemannskappe und blauem Marinegewand sah nach dem Rechten. Er stellte für sich bereits ein Fotomotiv dar. Als Platz war, verließ ich den geschützten inneren Bereich und wagte mich auf die Plattform. Es blies ein starker Sturm auf dieser Höhe, und trotz des Gitters war das Gefühl teils ein wenig lau. Der Wind riss einen hin und her, und das Halten der Kamera entwickelte sich zur Schwierigkeit. Der Blick war großartig und genau, was ich liebte. Der Leuchtturm war natürlich in dieser Form nicht mehr in Betrieb. Als Ersatz stand einige Meter vor dem alten Turm ein kleiner moderner Leuchtkörper auf den Klippen.
Vom Radar Lookout war der Blick dann total sensationell, und ich konnte eines meiner bisherigen Lieblingsfotos von dort machen. Ein Rundwanderweg führte zur Kultur der Aborigines mit einigen Artefakten. Am Schluss erwies ich dem rostigen Anker von Eric the Red die Ehre und ließ mir erklären, dass die schwarz-rote Flagge mit dem gelben Punkt nicht zu Deutschland gehörte, sondern das Symbol der Ureinwohner ist. Am Weg hinaus vom Kap sah ich auf den Bäumen einige Koalas hängen, die von den Touristen ganz verzückt fotografiert wurden.